CDU Stadtverband Walldorf

Auf den Spuren der Haubenlerche

Beim Monitoring gibt es viel zu tun – Vom Stellen der Schutzzäune bis zum Füttern der Tiere

Artikel in der Walldorfer Rundschau 2022 Nr. 29 auf Seite 4.

Die Walldorfer Rundschau 2022 Nr. 29 | Foto: Dr. Clemens KrieselDie Walldorfer Rundschau 2022 Nr. 29 | Foto: Dr. Clemens Kriesel

Hans-Joachim Fischer muss nicht einmal  sein Fernglas bemühen, um die Hauben- lerche zu erspähen. „Dass sie sich hier  auf den Zaun setzt, zeigt, dass im Nest  alles okay ist“, sagt der Diplom-Biologe.  Fischer, einer der drei Geschäftsführer  des Büros Spang. Fischer. Natzschka mit  Sitz in Wiesloch, ist mit einem fünfköp- figen Team im Auftrag der Stadt für das  sogenannte Haubenlerche-Monitoring  zuständig, das es in allen Haubenlerchen- Vorkommen in Baden-Württemberg gibt.  Wie viel Arbeit das ist? „Manchmal bin ich  in fünf Minuten fertig.“ Und dann kann es  sich an einem anderen Tag aber auch wieder  über Stunden hinziehen. Die Haubenlerche, die der Biologe heute  beobachtet, ist der männliche Teil des Brut- paars, das sein Revier im Südpark hat, der  deshalb großflächig mit Zäunen geschützt  wird. Im Nest befinden sich drei Jungvögel.  „Wenn die drei durchkommen, sind es die- ses Jahr schon acht, die ihre Nester verlas- sen“, sagt Fischer. Die Population der hoch- gradig vom Aussterben bedrohten Art zu  vergrößern, ist eines der Ziele, die mit dem  großen Aufwand des Monitorings verfolgt  werden. Zwei Bruten im Jahr sind die Regel,  hier im Südpark ist es die erste, beim Paar  weiter im Osten waren es schon zwei. Das  Büro hat im Frühjahr sogar noch drei Paare  in Walldorf gezählt, die sich, standorttreu  wie sie sind, ähnliche Reviere wie im Vor- jahr gewählt haben, dazu kam ein „unver- paartes Männchen“. Eins der Paare hat man  zwischenzeitlich aus den Augen verloren,  worüber sich Fischer aber keine größeren  Sorgen macht: „Es kann vorkommen, dass  sich während der Brutzeit etwas im Bestand  ändert und ein Paar abwandert. Das kommt  im Frühjahr wieder“, zeigt er sich überzeugt. Während die von der Unteren Naturschutz- behörde zum Schutz der Haubenlerche  verhängte Ausgangssperre für Katzen bun-  desweit für Schlagzeilen und teils auch für  Empörung gesorgt hat, beobachtet Fischer  vor Ort, dass die umstrittene Verordnung  „eigentlich gut wirkt“ und sich die meis- ten Katzenhalter offensichtlich auch daran  halten. Sein Team und er haben schon im  Frühjahr großflächig schützende Kunst- stoffzäune rund um die Reviere gezogen,  die vergleichsweise niedrig sind, aber auch  nur dazu dienen sollen, Menschen und  Hunde davon abzuhalten, über die jewei- ligen Wiesen und Felder zu laufen. „Wir  haben über zwei Kilometer Zaun“, sagt er  und fragt rhetorisch: „Will man die wirklich  drei Meter hoch machen?“ Erst wenn Nes- ter gebaut werden und die Eier gelegt sind,  stellt das Büro Elektrozäune. „Wir können ja  nicht den ganzen Südpark mit einem Elekt- rozaun sicher machen“, sagt Fischer.  Nicht lärmempfindlich Als erweiterte Schutzmethode gegen Fein- de aus der Luft wie Elstern hat man beim  jüngsten Bruterfolg auch eine Voliere über  das Nest stellen wollen. „Aber das Paar hat  es nicht angenommen“, sagt der Biologe.  Bei allen Maßnahmen gilt es nach seinen  Worten, behutsam vorzugehen, da die Vö- gel während des Nestbaus, der Eiablage und  der Brut empfindlich auf Annäherungen  und Störungen reagieren. Lärm mache ih- nen dagegen nichts aus: Sind die Jungtiere  flügge geworden, gehen auch die Eltern wie- der in die Nähe der Menschen, suchen auf  Parkplätzen nach Nahrung oder ziehen sich  auf die Dächer von Carports und Häusern  zurück. Schon jetzt lassen sie sich von Rad- fahrern oder Spaziergängern in angemesse- ner Entfernung nicht stören. Dass ausgerechnet in Walldorf durch das  Landratsamt mit der Allgemeinverfügung  eine so drastische Schutzmaßnahme ergrif- fen wurde, erklärt sich Fischer mit der Nähe  zum Wohngebiet. In Reilingen beispielswei- se seien die Reviere 800 Meter weit von der   Bebauung weg, zudem lägen die viel befah- rene B39 und der Kraichbach dazwischen.  Deshalb komme dort keine Katze ins Hau- benlerchen-Revier. Und Umsiedeln könne  man die Walldorfer Vögel nicht. „Das kann  man mit Eidechsen machen. Aber die Hau- benlerchen sind Vögel. Die fliegen einfach  wieder zurück.“ Gut versorgt Das Brutpaar im Südpark wird von Fischer  und seinem Team mit Mehlwürmern, Ma- den und Käferlarven „möglichst abwechs- lungsreich“ ergänzend zur eigenen Nah- rungssuche gefüttert, „damit sie ihre Brut  gut versorgen können“. Die eigentlich span- nende Zeit kommt aber erst noch: Die Jung- vögel, zum Zeitpunkt des Besuchs 13 Tage  alt, werden ungefähr ab dem 20. Tag ihres  Lebens das Nest verlassen und die ersten  Flugversuche unternehmen. Dann können  sie auch vom höchsten Zaun nicht mehr ge- schützt werden. Während sich Fischer um  die älteren Vögel, die im Schnitt zwölf Jahre  alt werden, für einen kleinen Singvogel eine  recht hohe Lebenserwartung, wenig Sorgen  macht, sieht das bei den Jungtieren anders  aus: Die sind ihren Feinden – ob Katze,  Marder oder Elster – zunächst vergleichs- weise schutzlos ausgeliefert. „Am 34. Le- benstag kann ein Jungvogel einer Elster ent- kommen“, hat er selbst beobachtet. „Aber  das hängt auch davon ab, welche Erfahrun- gen er gesammelt hat.“ Ungefähr zwei Wo- chen mit höchster Alarmstufe also, die auch  die aktuelle Brut überstehen muss. Für den  Biologen geht die Arbeit auch danach noch  weiter. Erst mit weiteren Beobachtungen,  im Herbst werden die Zäune abgebaut und  im frühen Winter die neuen Aufenthaltsge- biete der Vögel, meist auf Feldern, auf denen  sich Nahrung finden lässt, aufgesucht. „Das  ist ein wichtiger Lebensabschnitt, um Ener- gie anzufuttern.“  Hans-Joachim Fischer hat die Haubenlerchen in  Walldorf im Blick. Foto: Stadt Walldorf  Hübsch anzusehen, erhitzt aber derzeit so manche Gemüter: die Haubenlerche. Foto: Lisa Freitag